Acetificio Guerzoni
Anfang der 90er-Jahre habe ich die Region Emilia bereist, um einen zuverlässigen Produzenten für ganz besondere, außergewöhnliche Aceto Balsamico zu finden. Mir ist nicht mehr erinnerlich, woher ich den Tipp bekam, die damals noch völlig unbekannte Acetificio Guerzoni zu besuchen. Die Eltern des heutigen Inhabers Lorenzo galten damals in der Zone als „Verrückte“, denn in den 90er-Jahren war Bio-Landwirtschaft in Deutschland fast noch exotisch, in Italien praktisch inexistent. Lorenzos Eltern begannen aber bereits in den 1980er Jahren damit und schlossen sich als einer der ersten italienischen Betriebe dem deutschen Kontrollsystem „Demeter“ an. Sie waren der erste Betrieb, der Aceto Balsamico tradizionale di Modena in Demeter-Qualität produzierte. Von jeher hatte ich ein Faible für Menschen, die konsequent ihre Philosophie verfolgen und dabei den „Mainstream“ ignorieren. Mich beeindruckte damals, mit welcher Ruhe und Unbeirrbarkeit dieser Weg des bio-dynamischen Traubenanbaus verfolgt wurde.
Alle in der Acetificio Guerzoni verarbeiteten Trauben stammen aus eigenem Anbau von rund 4 Hektar Rebanlagen. Kompromisslose Arbeit beim Einkochen der Trauben und bei der Produktion des Aceto, ohne Einsatz von Zucker-Couleur oder anderer legaler Tricks, das sind die Voraussetzungen für einen ganz besonderen Aceto Balsamico di Modena beziehungsweise ein Condimento Bianco – also im Volksmund „weißen Balsamico“. Viele unserer Kunden sagen, sie hätten nie einen besseren Balsamico respektive Condimento probiert. Es lohnt sich in jedem Fall, diese tollen Aceti zu probieren.
Eines ist vielleicht noch wichtig zu erklären, der Unterschied zwischen Aceto Balsamico di Modena IGP und Aceto Balsamico Tradizionale di Modena IGP. Ersterer darf aus eingekochtem Traubenmost und Weinessig produziert werden, der Tradizionale ausschließlich aus eingekochtem Traubenmost. Die Vorschriften für den Aceto Balsamico di Modena sind relativ lax und in wesentlichen Punkten relativ leicht zu umgehen. Die für den Tradizionale sind die vermutlich schärfsten, die es für ein Lebensmittel gibt. So wird der Tradizionale anonym von einem Team aus Fachverkostern geprüft, bevor er die Anerkennung als Tradizionale bekommt. Die Abfüllung erfolgt in den Räumen des Schutzkonsortiums, ohne dass der Produzent selbst in den Abfüllprozess eingreifen darf, ausschließlich in den markanten Fläschchen mit 0,1-l- Inhalt. Abschließend werden die Flaschen versiegelt. Eine Manipulation des Inhalts ist so gut wie ausgeschlossen.